Alarmierende Schieflage bei Vermögen
Schon 2020 zeigte die AK-Studie „Vermögenskonzentration in Österreich“ alarmierende Entwicklungen bei der Vermögenskonzentration: Das reichste Prozent der Österreicher*innen besitzt laut dieser Studie schon rund 40 Prozent des Vermögens. Eine neuere Analyse der Österreichischen Nationalbank (OeNB) kommt Anfang 2022 zum Schluss, dass die Vermögenskonzentration in Österreich noch eklatanter sein könnte als bisher angenommen. Laut OeNB-Studie bewegt sich die vermögensärmere Hälfte der Bevölkerung beim Anteil am gesamten privaten Nettovermögen je nach Berechnungsmodell zwischen –1,4 Prozent und +2,5 Prozent. Das bedeutet, dass eine Hälfte der Bevölkerung verschuldet ist und kaum Vermögen besitzt. Dagegen verfügen die reichsten zehn Prozent der Bevölkerung über bereits zwischen 59,9 und 72,1 Prozent, das reichste Prozent über sogar zwischen 25,7 und 47,5 Prozent des Vermögens. Zur Darstellung der Vermögensverteilung in einer Gesellschaft wird oft der sogenannte Gini-Koeffizient herangezogen. Liegt dieser bei 1, würde eine Person über das gesamte Vermögen in einem Staat verfügen. Liegt er bei 0, würden alle Menschen gleich viel Vermögen besitzen.Der Gini-Koeffizient für Österreich bewegt sich in der OeNB-Studie im Bereich zwischen 0,77 und 0,87 und zeigt damit sehr klar: Österreich liegt europaweit im Spitzenfeld, was die Vermögensschieflage betrifft.
Ungleichheit hat Folgen für Wirtschaft und Gesellschaft
Die stark zunehmende, ungleiche Vermögensverteilung bewirkt eine Reihe von gesellschaftspolitischen und wirtschaftlichen Problemen. Dazu gehört nicht nur eine zunehmende Abkopplung der oberen – vermögenden – zehn Prozent der Bevölkerung vom Rest der Gesellschaft, wodurch eine Zwei-Klassen-Gesellschaft entsteht. Ebenfalls problematisch ist, dass wohlhabende Haushalte nur begrenzt Geld für Konsum ausgeben können. Stattdessen wird viel Geld für Spekulationen auf dem Finanzmarkt verwendet, mit bekannten Folgen wie etwa steigende Immobilien- und Grundstückspreise, die leistbare Wohnungen zur Mangelware machen. Eine weitere Folge ist, dass Geld aus Österreich ins Ausland abgezogen wird. Aber auch demokratiepolitisch bringt eine Schieflage in den Vermögen große Probleme mit sich, weil es Gruppen gibt, die aufgrund ihres Reichtums vollkommen andere Lebenserfahrungen machen, kaum den normalen Lebensrisiken ausgesetzt sind und völlig andere Lebenschancen geboten bekommen als der große Rest der Bevölkerung. Das ist zunächst ein moralisches Problem. Aber es ist auch ein Problem für eine Demokratie, wenn die oberste Schicht, die gut versorgt und damit gewissermaßen vom Marktgeschehen abgekoppelt ist, das Interesse an der eigenen Gesellschaft verliert.