Gemeinden und die Versorgungssicherheit

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Österreich ist in 2.093 Gemeinden aufgeteilt, 573 davon sind in Niederösterreich. Sie sind Lebensmittelpunkt Hunderttausender Arbeitnehmer*innen in Niederösterreich. Bei der Versorgungssicherheit spielen sie eine zentrale Rolle, weil sie Aufgaben der Gesundheits- und Pflegeversorgung, der Nahversorgung, der Mobilität, Energieversorgung (Stichwort Energiewende) aber auch Soziales, Wohnen, Bildung wahrnehmen und die Art und Weise des Zusammenlebens regeln! Dafür benötigen Gemeinden finanzielle Mittel, doch die österreichischen Gemeinden sind finanziell unter Druck.

Balkengrafik zu den Nettoinvestitionen der Gemeinden. Quelle: Philipp Heimberger, Österreichs Gemeinden im Kontext der COVID-19-Krise, wiiw, Februar 2022 © Rauch-Gessl

© Rauch-Gessl

Gemeinden: Zugriff auf Rücklagen, mehr Schulden und weniger Investitionen

Als Gemeindebürger*in merkt man noch wenig von möglichen Finanz-Problemen der Gemeinden. Die Auswirkungen ausbleibender Investitionen beim Ausbau von Schulen, Horten und Kindergärten, bei der thermischen Sanierung von Gebäuden, beim Ausbau des öffentlichen Verkehrs oder beim Ausbau von Pflegesachleistungen sind in vielen Fällen nicht sofort sichtbar. Wichtige Leistungen wie Müllentsorgung, Kinderbetreuung, Schulen, öffentlicher Verkehr und Straßen funktionieren noch – trotz Pandemie. Die Gemeinden konnten während der COVID-19-Krise 2020 und 2021 auf Rücklagen zurückgreifen oder haben sich verschuldet. Doch die Rücklagen werden bald aufgebraucht sein, die Verschuldung ist nicht beliebig fortführbar. Investitionen in Gesundheits- und Pflegeversorgung, in die Nahversorgung, in die Mobilität und den öffentlichen Verkehr, Energieversorgung aber auch Soziales, Wohnen, Bildung und Kinderbetreuung wurden nicht umgesetzt oder aufgeschoben. So haben sich etwa Nettoinvestitionen der Gemeinden schon nach der Finanzkrise 2008/2009 nur sehr langsam erholt, die Corona-Krise hat wieder zu einem erheblichen Rückgang geführt.

Gemeinden durch gerechte Finanzierung des Solidarstaates stärken

Um eigene und von Bund und Ländern übertragene Aufgaben zu erfüllen und die Lebensqualität der Gemeinden zu gestalten, benötigen diese eine ausreichende Finanzierung. Die kommt einerseits aus dem allgemeinen Steuertopf der Steuereinnahmen, die von der Republik Österreich eingehoben werden und über den sogenannten „Finanzausgleich“ je nach Gemeindegröße, Bevölkerungszahl und Aufgaben als Anteil der Gesamtsteuereinnahmen an die Gemeinden fließen. Daneben speisen sich die Gemeindebudgets aus Gemeindesteuern wie zum Beispiel der Kommunalsteuer oder der Grundsteuer und Einnahmen aus Gebühren, wie beispielsweise die Müllentsorgungsgebühren. Die Steuerreformen der vergangenen Jahre sowie die „ökosoziale Steuerreform“ 2021 wirken sich negativ auf die Einnahmenentwicklung der Gemeinden aus. Prognosen für alle Gemeinden inklusive Wien gehen von 1,9 Milliarden Euro weniger Einnahmen im Zeitraum von 2022 bis 2025 aus. Die Gefahr ist deshalb sehr groß, dass bei den Leistungen der Gemeinden Abstriche gemacht werden müssen: Streicht man Vereinsförderungen und schränkt damit das soziale Leben in der Gemeinde ein? Oder streicht man gar Förderungen an die Feuerwehr? Oder zahlt man bei stark steigenden Wohn- und Energiekosten weniger Wohnkostenzuschüsse? Spart man beim öffentlichen Verkehr und schränkt die Mobilität älterer Menschen, der Arbeitnehmer*innen und Schüler*innen ein? Verkürzt man die Betreuungszeiten in Kindergärten und Horten, anstatt sie auszuweiten?Schließt man Kultur- und Freizeiteinrichtungen wie etwa Freibäder oder Kulturhäuser? Fragen, die im Sinne der Versorgungssicherheit rasch Antworten brauchen. Ganz maßgeblich wird zur nachhaltigen Absicherung der Kommunen die gerechte Verteilung der Steuerleistung sein, um den Solidarstaat zu finanzieren. Denn nur noch 60 Prozent der Wertschöpfung werden aus menschlicher Arbeitskraft erbracht, während bereits 40 Prozent von Maschinen, Robotern oder sonstigem Vermögen stammen. Diese Lücke von 40 Prozent bei der Finanzierung des Solidarstaates muss geschlossen werden und kommunale Strukturen weiterentwickelt werden.

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